Indizien und Motive

Indizien und Motive

Laut Polizei und Gerichtsurteil waren folgende Gegenstände und Behauptungen die Indizien gegen Harry:

Vinyleinweghandschuhe, Plastiktüte mit Inhalt, Schlüssel, Beziehungstat

Hier werden wir Euch aber auch andere Ermittlungseigenarten aufzeigen:

 

Handschuhe: zur Erklärung: Harry wurden aufgrund eines Motorradunfalls die Endglieder des Ring- und Kleinen Fingers seiner linken Hand amputiert. Seit dem hat er bei kaltem und nassem Wetter Schmerzen in den Endgliedern dieser Finger. Um diese zu verhindern trug er beim Motorradfahren und bei der Arbeit solche Einweghandschuhe.

Die Fragmente der Handschuhe, die am Tatort gefunden wurden, werden Harry zugeordnet, da bei einer Wohnungsdurchsuchung Einweghandschuhe gefunden wurden. Das Gutachten des Kriminalpysikalischen-Instituts sagt aber, es besteht keinerlei Materialgleichheit zwischen den am Tatort und den bei Harry gefundenen Handschuhen. Das Institut sagt auch, es besteht der Verdacht, daß es sich bei den zwei Fingerlingen wahrscheinlich um Teile von zwei verschieden großen Handschuhen handelt.

Ferner wurden nicht nur in Harry's Wohnung und Auto diese Einweghandschuhe gefunden, auch in der Tatortwohnung. Zu diesen Handschuhen sagte Metka Z. aus, daß solche Handschuhe von Andrea und Wolfgang zum Haarfärben benutzt wurden (Metka Z. arbeitet im Krankenhaus in der Notaufnahme). Harry sagte mal, Metka bringe ihm diese Handschuhe aus der Klinik mit. Daß es durchaus möglich sei Handschuhe mit den DNA-Spuren von Harry am Tatort zu finden, stritt dieser gar nicht ab, da er 14 Tage zuvor mit Kai zusammen in Andrea's Garten Blumenzwiebeln gesetzt, dabei Handschuhe getragen und sie auf der Terrasse entsorgt habe. Außerdem gab er zu bedenken, daß er dort mal gewohnt und das ganze Haus renoviert habe, so sei es möglich, daß sogar noch in der Garage gebrauchte Handschuhe von ihm zu finden seien.

Mit einer DNA-Spur von 1/4000 wurde Harry als Täter "identifiziert", wobei es als durchaus wichtig erscheint zu erwähnen, daß sein damals 2jähriger Sohn auch als Spurenleger in Betracht käme. Leider ist dieser Umstand nie näher untersucht worden, denn bis heute gibt es KEINE DNA-Untersuchung von Kai!

 

Schlüssel: Im Strafprozeß sah das Gericht es als erwiesen an, daß nur Harry der Täter sein kann, da er im Besitz des Schlüssels war. (Er bewohnte von 09.94 - 12.94 zusammen mit Andrea die Einliegerwohnung) In ihrer ersten Aussage vom 29.04.97 machte Metka Z. folgende Aussage: "Harry hat meines Wissens keinen Schlüssel mehr. Soviel ich weiß, hat er ihn abgegeben".

Am 2.05.97 fand die Spurensicherung einige Schlüssel in der Restmülltonne.

Der Spurensicherung wurde ein einzelner Schlüssel zur Türe der Einliegerwohnung ausgehändigt, dieser wurde NICHT auf Fingerabdrücke oder sonstige Spuren untersucht. Die Polizei kam nicht einmal auf die Idee, daß dies vielleicht der Schlüssel sein könnte, mit dem der Täter sich Zutritt verschafft hatte! Vielleicht war es auch der Schlüssel, den Harry vor Monaten Andrea oder einem anderen Familienmitglied ausgehändigt hatte!

Im Zivilprozeß wurde von einem Polizisten ausgesagt, daß Wolfgang Z. ihn darauf aufmerksam machte, daß die Tür zur Einliegerwohnung klemmt und beim Öffnen laute Geräusche macht, so daß er wach geworden wäre, wenn dort jemand versucht hätte in das Anwesen zu gelangen.

 

Plastiktüte mit Inhalt: 1 grünes Taschentuch, 1 oliv farbenes Dreiecktuch, 3 Einweghandschuhe, 1 Schachtel Marlboro, 1 Schachtel Marlboro "Light".

In Harry's Wohnung wurde ein grünes Taschentuch gefunden, daß dem in der Tüte nur annähernd ähnlich war. Farbe und Muster stimmten nicht überein, es wurde lediglich festgestellt, daß die Tücher mit demselben Waschmittel gewaschen worden waren. Die Polizei hat dabei jedoch nicht bedacht, daß Andrea mit Harry in dieser Wohnung gewohnt hatte. Es befanden sich noch mehrere persönliche Gegenstände (z.B. Unterwäsche) von Andrea in Harry's Wohnung! Also könnte das Taschentuch genauso Andrea zugerechnet werden!

Auf der Marlboro-Schachtel befand sich der Fingerabdruck von Wolfgang Z.s Mittelfinger. Laut seiner ersten Aussage hat er die Schachtel nicht angefaßt, in seiner zweiten Aussage könnte es sein, daß er die Schachtel berührt hat, als die Spurensicherung ihn fragte ob er die Schachtel kennen würde (wenn man eine Schachtel aufhebt, ist es nicht möglich dabei nur EINEN Fingerabdruck zu hinterlassen!).

 

Schal: Es befanden sich keine beweisfähigen Spuren von Harry an diesem Schal. Klar, der Täter hat schließlich Handschuhe getragen! Warum hat man dann aber auch keine beweisfähigen Spuren von Wolfgang Z. an dem Schal gefunden, obwohl er laut seiner Aussage einige Zeit gebraucht hat, den Schal vom Hals seiner Tochter zu entfernen, da er so fest um den Hals lag, daß er seine Finger fast nicht zwischen Schal und Hals bekommen hat? Was wäre, wenn er Handschuhe getragen hat? Es gibt auch nur Wolfgang Z.s Aussage, daß der Schal das Tatwerkzeug war, aber es konnte nie 100% erwiesen werden! Käme vielleicht auch ein anderes Strangulationswerkzeug in Frage?

 

Sonstige Spuren: Im Flur der Wohnung (genau an der Stelle wo Andrea lag) wurden Keramiksplitter gefunden, Teile der Keramikschüssel wurden in der Restmülltonne sichergestellt.

Thomas H. sagte auf Nachfrage 5 Tage nach der Tat aus, daß Kai die Schüssel am Abend des 28.04.97 kaputt gemacht hat, als er mit Andrea telefonierte. Es könnte auch sein, daß an seinen Schuhen solche Scherben zu finden seien, da er am Tag vorher (d.h. also 4 Tage nach der Tat) in der Wohnung von Andrea war (die Spurensicherung war damals noch nicht mit ihrer Arbeit fertig!). Jedoch welche gute Mutter (und Andrea war eine sehr gute Mutter) läßt Scherben im Flur liegen, wenn sie ein Kleinkind von 2 Jahren im Haus hat? Keine! Vor allem nicht, wenn das Kind in einem normalen Bett schläft, und morgens vor der Mutter aufstehen könnte! Kai hat im Bett seiner Mutter geschlafen, konnte also jederzeit aufstehen und sich an den Scherben schneiden! Wolfgang Z. war abends noch bei seiner Tochter und hätte, um in die Einliegerwohnung zu gelangen, an den Scherben vorbeigehen müssen. Wolfgang Z. erwähnt die Scherben jedoch überhaupt nicht! Was wäre, wenn die Scherben abends noch nicht da waren, Thomas H. jedoch von ihnen wußte? Könnte das nicht "Täterwissen" sein?

Die Polizei hat von Thomas H. auch nur das eine Paar Schuhe beschlagnahmt, von denen er sagte, daß er sie getragen habe. Bei Harry wurden alle Schuhe beschlagnahmt die er damals besaß! Bei Thomas H. wurde es als entlastend angesehen, das keine Splitter an diesem einen Paar Schuhe gefunden wurden, bei Harry wurde nicht einmal erwähnt, das an KEINEM seiner Schuhe solche Splitter gefunden wurden. Die nicht vorhandenen Splitter wurden bei Harry nicht als entlastend gewertet!

Wie kann es überhaupt sein, daß jemand in der Wohnung Mülleimer geleert hat, denn es sind mehrere Dinge (z.B. Notarztspritzen etc., die in der Tatnacht in der Küche des Anwesens entsorgt wurden) in der Restmülltonne unter einer Tüte mit dreckigen Windeln gefunden worden, 3 Tage NACH der Tat! Der Tatort war nicht hinreichend abgesperrt, so daß die Familie des Opfers ungehinderten Zugang zum Anwesen hatte, obwohl Wolfgang Z. und Thomas H. anfänglich angeblich ebenfalls verdächtig waren. Wenn es möglich war den Tatort aufzuräumen, würde es auch im Bereich des Möglichen liegen, daß im Nachhinein noch Spuren gelegt und beseitigt werden konnten!

 

Beziehungstat: Was für ein Motiv hatte Harry? Wir wissen es nicht und das Gericht hat Harry auch kein Motiv nachweisen können! Harry war damals bereits seit einem Jahr von Andrea getrennt. Zum Zeitpunkt der Tat war er seit ca. einem ½ Jahr mit Claudia F. zusammen. Er hatte das Besuchsrecht für seinen Sohn, und hatte mit dem Thema Andrea vollkommen abgeschlossen. Warum also hätte er sein Leben, das von Andrea und von seinem Sohn zerstören sollen? Er liebt seinen Sohn, und hätte diesem nie die Mutter genommen! Harry hatte KEINEN Grund diese Tat zu begehen!

Was wäre, wenn wir uns auf Motivsuche begeben?

Wir müssen uns ganz allein auf Thomas H.s Aussage verlassen, daß sein Wochenende mit Andrea harmonisch verlief. Was wäre, wenn sie sich an diesem Wochenende von Thomas getrennt hatte? Andrea's Ehe war gescheitert, sie erfuhr an Weihnachten 96, daß ihr Vater seit ca. 12 Jahren eine Geliebte hatte, sie selbst war die Geliebte eines verheirateten Mannes! Was wäre, wenn Andrea gar keine feste Beziehung mit Thomas haben wollte? Einer Freundin gegenüber erzählte sie, daß sie "sexuell versorgt sei", sie erwähnte aber nicht, daß sie mit diesem Menschen eine Partnerschaft eingehen wolle! Wir wissen, daß sich Daniela H. an dem Wochenende vor der Tat von Thomas getrennt hatte. Was wäre, wenn Thomas daraufhin zu Andrea fuhr, ihr sagte, daß er sich von seiner Frau und seinen Kindern getrennt habe um mit ihr zusammen sein zu können, und Andrea dies nicht gewollt hatte? Wir wissen von Ex-Freunden von Andrea, daß diese sich nie "normal" von ihren Männern getrennt hatte, sondern es immer auf bösartige und verletzende Art und Weise getan hat! Was wäre, wenn Thomas an diesem Wochenende erkennen mußte, daß er innerhalb weniger Stunden beide Frauen (von denen er vor Gericht aussagte: "ich hatte sie beide in der Hand, keine drängte auf eine Entscheidung, keine wollte mich verlieren", seine Kinder und sein Haus verloren hatte, und daß alles nur, weil er sich von einer 12 Jahre jüngeren hatte an der Nase herumführen lassen? Wir wissen, daß Thomas H. am 28.04.97 seine Frau "weinend" um Hilfe bat, er würde sie doch lieben, er bräuchte nur noch etwas Zeit um sich endgültig von Andrea zu trennen! Was wäre, wenn er durch diese Situation so gedemütigt war, daß es ihn fast um den Verstand brachte? Was wäre, wenn er das nicht verkraftet hatte, und in der Nacht des 29.04.97 zu Andrea fuhr um noch einmal mit ihr zu reden? Was wäre, wenn Andrea ihm gesagt hatte, daß es endgültig aus sei zwischen ihnen, er sie in Ruhe lassen solle und sich aus ihrem Leben verpissen solle? Was wäre, wenn bei Thomas in diesem Augenblick die Sicherung durchgebrannt ist, und er auf Andrea losging? Wir wissen, daß er ihr, im Gegensatz zu Harry, körperlich überlegen war. Was wäre, wenn das alles wahr wäre? Hätte Thomas H. dann nicht das beste Motiv für eine Beziehungstat?

Wie Ihr seht, gibt es eine Menge Ungereimtheiten.

Wir wissen nicht was in dieser Nacht geschah, und wer der Täter sein könnte. Aber wir haben nur allzu deutlich gemacht, daß die Indizien durchaus auch auf andere Tatverdächtige deuten könnten. Auf der Seite Fahndungsfehler könnt Ihr nachlesen auf welche Art und Weise unsere Beamten in einem solchen Fall ermitteln, denn in unseren Augen sind zu viele Ermittlungspannen passiert, die vermieden hätten werden müssen!